Wie positionieren wir unser Unternehmen?
Wie positioniert man sich glaubwürdig, relevant und einzigartig im Markt? Was eine Positionierung bedeutet, wie man eine entwickelt und wie man es besser nicht machen sollte.
Wie positioniert man sich glaubwürdig, relevant und einzigartig im Markt? Was eine Positionierung bedeutet, wie man eine entwickelt und wie man es besser nicht machen sollte.
Was ist eigentlich eine Positionierung?
Beginnen wir mit etwas Theorie: "Die Positionierung im Marketing bezeichnet das gezielte, planmäßige Schaffen und Herausstellen von Stärken und Qualitäten, durch die sich eine Marke – ein Unternehmen / eine Organisation, ein Produkt oder eine Dienstleistung – in der Einschätzung der Zielgruppe klar und positiv von anderen Produkten oder Dienstleistungen unterscheidet." (Quelle: Wikipedia)
Wichtig in diesem Kontext sind die Begriffe "Herausstellen" und "in der Einschätzung der Zielgruppe". Denn es kommt selten vor, dass es ein tatsächliches faktisches Alleinstellungsmerkmal gibt, so wie es beispielsweise das iPhone damals war. Und selbst wenn es das geben sollte, wird dieses früher oder später kopiert und man muss sich überlegen, wie man sich weiterhin hervorheben kann. Ein Beispiel aus einem anderen Markt: Danone hat dem Bakterienstamm in seinem Activia-Joghurt einen marketingtauglichen Namen gegeben, sogar patentieren lassen („ActiRegularis“) und diesen als verdauungsfördernd vermarktet. Jeder Joghurt beinhaltet Bakterien - so entsteht Joghurt schließlich - und Joghurt ist an sich gut für die Darmflora. Danone hat diesen allgemeinen Effekt werblich herausgestellt und sich damit differenziert. (Ist eine viel kritisierte, große Werbelüge, da wollen wir auch nicht hin, aber das nur mal als extremes Beispiel, wie man Einzigartigkeit erschaffen kann, da, wo eigentlich nichts Einzigartiges vorhanden ist.)
Wie differenziert man sich als Immobilienunternehmen?
In unserer Branche gibt es eine Vielzahl an Marktteilnehmern, die im Grunde genommen das Gleiche machen – seien es Investmentmanager, Assetmanager, Transaktionsberater, Finanzierer oder Architekten. Die meisten glauben, dass es keinen vergleichbaren Mitbewerber gibt, kommt dies aber auch da draußen an? Wenn wir mit Mandanten sprechen, fallen häufig folgende Argumente: Wir machen echtes aktives Assetmanagement, wir haben kumuliert XY Jahre Berufserfahrung, wir sind ein diversifiziertes Team, wir geben alles, wir agieren als vertrauenswürdige Partner, wir haben ein großes Netzwerk. Auch schon mal gehört bzw. gesagt? ...
In unserer Kontaktdatenbank sammeln wir u.a. die firmenzugehörigen Claims (dazu gleich mehr). Was uns auffällt: Es handelt sich um mehr oder weniger wohlklingende Sätze, die keinem weh tun, aber nicht ihr eigentliches Positionierungs-Soll erfüllen: Wir schaffen Werte. Mit innovativen Lösungen nachhaltige Werte schaffen. Raum für Werte. Vertrauen schafft Werte. Potenziale erkennen, Werte entwickeln. Potenziale erkennen, Mehrwerte erschaffen. Wir bewahren Werte. Und so weiter.
Nichts gegen Werte – wir stellen hier gleich ein Beispiel vor, dass auch "Werte schafft". Aber: Zur Differenzierung reicht es nicht aus, einen allgemeingültigen Geschäftszweck (wer will als Immobilienunternehmen keine Werte schaffen?) propagiert ohne diesen pointiert zu qualifizieren.
Der Claim als Ausdruck der Positionierung
Der Claim ist eine langfristig angelegte Aussage eines Unternehmens, der in wenigen Worten die Positionierung ausdrückt. Als Lieblingsbeispiel ziehen wir gerne BMW mit "Freude am Fahren" ran – ein Claim, der das sportliche Fahrvergnügen, das man beim Fahren eines BMWs empfindet, vermitelt. Natürlich kann man Freude auch beim Fahren anderer Automarken empfinden, aber BMW stellt dieses Gefühl in den Mittelpunkt des Marketings, reklamiert es damit für sich. Genauso steckt in den meisten Fahrzeugen fortschrittliche Technik, Audi hebt sie als (vermeintliches) Alleinstellunsmerkmal mit "Vorsprung durch Technik" hervor.
Ganz wichtig: Ein Claim hat nicht die Funktion, alles, was man erzählen könnte, in einen Satz zu packen. Denn dieser besteht eben nur aus wenigen Worten, um einprägsam genug zu sein. Einige helfen sich aus, indem sie einen Dreiklang fomulieren (no offense ...) à la "Innovativ. Leidenschaftlich. Nachhaltig.". Oft aus der Not geboren – kann man machen, verschwindet aber meistens in der Belanglosigkeit. Der Claim sollte den Kern des Unternehmens fokussieren und in einer ansprechenden Verpackung Interesse wecken, noch mehr erfahren zu wollen. Er ist quasi wie eine Headline, zu der man nachfolgend die gesamte Geschichte erzählen kann. Diese "Corporate Story" beinhaltet dann die ausführlichere Argumentationskette, um den Claim fundiert zu "beweisen" (Kompetenz, Erfahrung, Netzwerk, Teamgeist und so ;-)).
Was eine Positionierung / Claim erfüllen sollte
Glaubwürdigkeit: Die Positionierung muss glaubwürdig für das Unternehmen stehen. Nur so können sich Mitarbeitene mit ihr identiizieren, nur so wird sie auch extern angenommen.
Relevanz: Die Positionierung muss relevant für die Zielgruppen sein. Denn es hilft nicht, etwas verkaufen zu wollen, wenn es keinen interessiert.
Einzigartigkeit: Die Positionierung muss einzigartig im Wettbewerbsumfeld sein. Hierzu ist es notwendig, die Positionierungen der Mitbewerber zu screenen. Keine Sorge, die wenigsten positionieren sich klar (hier hinkt die Immobilienwirtschaft hinterher, ist aber im B2B-Bereich auch nicht so ungewöhnlich).
Best Case "GRR Garbe Retail"
Zum Jahresbeginn wurde die GRR Real Estate Management GmbH durch GARBE Institutional Capital übernommen und in GRR Garbe Retail umbenannt. Anlass, um eine der erfolgreichsten Plattformen im Bereich Nahversorgungsimmobilien, die bisher mit "Basic Retail Experts" kommunizierten, im Profil zu schärfen.
In unzähligen Gesprächen, Meetings und E-Mails waren wir Teil der Diskussion, mit welchen Alleinstellungsmerkmalen GRR Garbe Retail in den Markt gehen könnte. Ist es das 360°-Leistungsspektrum, der wahnsinnig erfolgreiche Track Record, die hohe Expertise, das Denken als Eigentümer, die starke Bonität? Wie bei so vielen anderen Unternehmen sind solche Stärken zwar vorzeigbar, eignen sich aber weniger, um aus ihnen eine gute Positionierung abzuleiten. Selten funktioniert es, durch die direkte Beantwortung der Frage "Was macht euch einzigartig?" zu einem Ergebnis zu kommen. Meistens ist einfach nichts von alldem einzigartig.
Unsere Vorgehensweise: ein Positionierungs-Workshop
Um eine Positionierung zu entwickeln gehen wir einen kleinen Umweg über einen Workshop, der gemeinsam mit dem Mandanten (mit Unternehmensvertretern aus möglichst unterschiedlichen Bereichen) ausgerichtet wird. Kognitive, assoziative und projektive Kreativitätstechniken helfen dabei, sich über verschiedene Wege an den Markenkern heranzutasten. Zu nennen sind z.B. die Postkartenübung (siehe auch der Blogbeitrag zu Werten) oder die Übung, bei der man einen Laudatio auf einen fiktiv gewonnenen Oscar schreiben soll. Auf diese Art und Weise kitzelt man weitaus mehr aus den Köpfen heraus als über eine fragebogenartige Checkliste.
Aus dem etwa fünfstündigen Workshop mit sechs bearbeiteten Übungen und unzähligen Notizen entwickeln wir ein sogenanntes Markenleitbild, zu dem u.a. die Mission, Vision oder der Purpose gehören. Die Positionierung bildet das Konglomerat, sie bringt das Gesamtbild der Marke auf den Punkt, ist das Destillat der Unternehmensphilophie.
Entwicklung der Positionierung für GRR Garbe Retail
In der Auswertung aller Daten haben sich verschiedene thematische Bereiche aufgetan, aus denen sich mögliche Positionierungsansätze herauskristallisiert haben. In mehrstündigen Brainstorming-Sessions haben wir unterschiedliche Claims entwickelt - die meisten davon aber wieder verworfen. Dazu gehörten zum Beispiel alle Aussagen in Richtung Innovation/Pioneering (langfristig schwierig zu erfüllen), Stabilität (zu wenig Dynamik) oder Marktührerschaftsanspruch (zu angreifbar).
Was immer wieder im Workshop genannt wurde und sich in der Analyse zunehmend in den Vordergrund gerückt hat: Nähe – und das in verschiedenen Facetten.
Nahversorgung = Resilienz, Stabilität
Nähe zur Immobilie = Qualität + Profitabilität, 360°-Ansatz, denken wie ein Eigentürmer
Nähe zum Markt = Marktzugang regional / national / international
Nähe zu Mietern = partnerschaftlich, Kenntnis der Bedürfnisse des lokalen Marktes und der Konsumenten
Nähe zu Investoren = partnerschaftlich, professionelles Fondsmanagement, Transparenz
Nähe zu Dienstleistern, Behörden, Kommunen = partnerschaftlich, fair, professionell
Nähe zu Mitarbeitenden = Zusammenhalt, Loyalität, Wertschätzung
Der Nähe haben wir einen Nutzen verliehen, indem wir sie als Mittel zum Zweck des Werterhalts und -schaffung eingesetzt haben: Nähe schafft Werte. Als Unternehmen geht es schließlich um wirtschaftliche Erfolge. Zusätzlich lässt sich die Geschichte auf anderer Ebene weiterspinnen: Nähe als Erfolgsfaktor für ein werteorientiertes Miteinander –sowohl intern als auch in der Zusammenarbeit mit Mandanten und Partnern.
Wir durften die neue Positionierung vor versammelter Belegschaft mit fast 100 Mitarbeitenden auf einem großen Offsite in Nürnberg vorstellen und in kleineren Workshops nochmal im Detail besprechen. Wir sind dankbar für das extrem positive Feedback! "Nähe schafft Werte" – da finden sich alle wieder, lässt sich der Claim doch so vielfältig interpretieren. Ein Claim, der neugierig macht, die ganze Geschichte hören zu wollen. Ein Claim, der einem leicht über die Lippen kommt und den auch einen weniger marketingaffines Gegenüber nicht mit fragendem Gesicht hinterlässt. Ein Claim, der sich für englischsprachige Investoren leicht ins Englische übersetzen lässt ("Proximity Creates Value"). Ein Claim, dessen Genialität in der Einfachheit liegt ;-) - so, als ob er schon immer Bestandteil der GRR gewesen wäre.
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Bildquellen
Summit: Harjyot Khalsa auf Unsplash
BlahBlahBlah: Nick Fewings auf Unsplash
BMW-Logo: Facebook BMW
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